Fallstricke beim Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen

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Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist in vielen Ländern ein ernsthaftes Vergehen und wird als Straftat behandelt, insbesondere im deutschen Recht. Hier sind einige wichtige Punkte, die man dazu wissen sollte:

Thomsen & Partner

1. Definition

Die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen bedeutet, dass ein Arbeitgeber die von den Arbeitnehmern einzubehaltenden Anteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) nicht an die zuständigen Sozialversicherungsträger abführt. Diese Pflichtverletzung kann bewusst (vorsätzlich) oder durch Fahrlässigkeit geschehen.

2. Rechtliche Grundlage

In Deutschland ist das Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Dieser Paragraph regelt die „Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt“ und sieht strenge Sanktionen vor.

3. Strafen

Die Strafen für die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen können von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen reichen. Die Höhe der Strafe hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab, darunter der Umfang der nicht abgeführten Beiträge und die Frage, ob die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde.

4. Beispielhafte Folgen

Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bei vorsätzlichem Verstoß.

In schweren Fällen (z. B. besonders hohe Beträge oder Wiederholungstäter) kann die Freiheitsstrafe bis zu 10 Jahren betragen.

Neben den strafrechtlichen Folgen kann sich auch eine zivilrechtliche Haftung ergeben (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB), nämlich die Forderung der nicht abgeführten Beiträge plus ggf. Verzugszinsen und Säumniszuschläge gegen den Arbeitgeber persönlich oder den Geschäftsführer einer GmbH.

5. Verantwortung des Arbeitgebers und Abführungspflicht

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Arbeitnehmeranteile einzubehalten und zusammen mit den Arbeitgeberanteilen pünktlich an die Sozialversicherungsträger abzuführen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann daher als Unterschlagung oder Veruntreuung gewertet werden, s.o.

Der Beitragsanspruch entsteht dabei gemäß § 22 Abs. 1 SGB IV schon, sobald das Gesetz oder auf Gesetz basierende Voraussetzungen erfüllt sind bzw. vorliegen, der Entgelt- bzw. Vergütungsanspruch also mithin entstanden ist, sog. Entstehungsprinzip (BSG Urt. v. 10.12.2019 – B 12 R 9/18, Rz. 13).

Dies ist insbesondere bei Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses der Fall. Das Arbeitsverhältnis ist grds. nach den §§ 611 ff. BGB i.V.m. einschlägigen Arbeitsgesetzen geregelt. § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet den Arbeitnehmer zur Erbringung der Leistung und den Arbeitgeber zur Zahlung der Vergütung, letzteres konkretisiert in § 611a Abs. 2 BGB für den Arbeitsvertrag. Ist keine individuelle konkrete Vergütung für den einzelnen Arbeitnehmer vereinbart, greift § 612 BGB, der eine Vergütung gemäß dem üblich zu Erwartendem statuiert.

Der Vergütungsanspruch entsteht mit Eingehung des Arbeitsverhältnisses. Wann die Vergütung nach dem individuellen Arbeitsvertrag zu zahlen bzw. fällig ist, ist für die Beurteilung des Entstehens irrelevant. Typisch ist zwar, dass der Arbeitnehmer das Entgelt erst am Ende des Monats erhält, was auch in § 614 BGB statuiert ist, sofern keine anderweitigen Regelungen getroffen wurden. Der Anspruch ist allerdings mit Beginn eines jeden Monats des Arbeitsverhältnisses entstanden, weshalb der Arbeitgeber die Zahlung des Lohns schuldig ist, da die arbeitsvertraglichen Pflichten typischerweise im Austauschverhältnis stehen (Synallagma).

Die Sozialversicherungsbeiträge werden nach dem geschuldeten und nicht nach dem tatsächlich ausgezahlten Lohn berechnet (BSG Urt. v. 26.10.1982 – 12 RK 8/81; v. 14.07.2004 – B 12 KR 7/03 m.w.N. zum Entstehungsprinzip). Das Entstehungsprinzip korrespondiert dabei mit der Regelung des § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV, welche besagt, dass die Beiträge zur Sozialversicherung am drittletzten Bankarbeitstag eines jeden Monats durch den Arbeitgeber abzuführen sind.

Würde das Entstehungsprinzip nicht greifen bzw. nicht existieren, so wäre nach den zuvor genannten typischen Regelungen (Lohnzahlung am Ende des Monats) in einem Arbeitsvertrag niemals ein Beitrag zur Sozialversicherung fällig.

Exkurs: Voraussetzung für das Entstehen bzw. Abführen von Lohnsteuer ist, dass der Arbeitslohn tatsächlich auch an den Arbeitnehmer ausbezahlt wird (§ 38 Abs. 1 S. 1 EStG). Das Entstehungsprinzip gilt hier nicht.

Weiterführend ist Vorstehendes auch auf einen erkrankten Arbeitnehmer übertragbar: dieser hat trotz Ausfall der Arbeitsleistung Anspruch auf Vergütung, obwohl er bspw. einen Monat lang nicht hat arbeiten können. Auch für diesen Monat sind die Beträge zur Sozialversicherung abzuführen.

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