Dankenswerter Weise hat der Kollege Rechtsanwalt Karsten Beinhorn aus Göttingen einen Beschluss des Landesarbeitsgericht Niedersachsen v. 03.06.2015 (17 Oa 1/14) erwirkt, wonach das Gericht den bislang für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Niedersachsen für unwirksam erklärt hat.
Was heißt das konkret?
1.
Rechtsfolge ist, dass der Entgelttarifvertrag keine Wirkung entfaltet, d.h. er ist so zu behandeln, als hätte es ihn nie gegeben. Relevant ist dies für die Zeiträume bis einschließlich 31.12.2014, für die in Zukunft noch Lohnsteuer- und Sozialversicherungsprüfungen stattfinden werden. In all diesen Fällen ist es unschädlich, wenn die in dem Tarifvertrag festgelegten Mindestlöhne nicht bezahlt wurden. Das Finanzamt bzw. die Deutsche Rentenversicherung darf nachträglich keine Lohnsteuer bzw. Sozialversicherungsbeiträge auf die Differenz zwischen tatsächlich gezahltem Lohn und dem Mindestlohn gem. Tarifvertrag erheben.
2.
Soweit bereits Prüfungen durch das Finanzamt oder die Deutsche Rentenversicherung für Zeiträume bis 31.12.2015 stattgefunden haben und Nachforderungsbescheide erlassen wurden, können — und sollten — diese innerhalb der Rechtsbehelfsfrist erfolgreich angefochten werden.
3.
Auf das ab dem 01.01.2015 auch für die Gastronomiebranche gültige Mindestlohngesetz hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes folgende Auswirkungen: der Mindestlohn von 8,50 €/Stunde gilt nun auch für die Gastronomiebranche verbindlich. Ein über 8,50 € hinausgehender Lohn muss nicht gezahlt werden.
Gilt das für alle Gastronomebetriebe und Arbeitnehmer?
Nicht in jedem Fall, denn ein Tarifvertrag, auch wenn er nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde, gilt in zwei Fällen:
1.
Wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband sind, gilt für diese ein Tarifvertrag auch dann, wenn er nicht für allgemeinverbindlich erklärt wurde.
2.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber können einzelvertraglich vereinbaren, dass ein Tarifvertrag gelten soll, auch wenn keine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft und einem Arbeitgeberverband vorliegt.
Es ist daher immer eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen.
Für Fragen zum Thema stehen wir jederzeit gern zur Verfügung, am einfachsten unter brete@thomsenundpartner.de.
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