Sanierungsgewinn — steuerliche Behandlung bei einer Sanierung

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Verzichten Gläubiger auf Forderungen, kann dies den Fortbestand bzw. die Weiterführung eines in die Krise geratenen Unternehmens sichern. Ein Forderungsverzicht führt jedoch zu einem sog. Sanierungsgewinn, der dem Grunde nach steuerpflichtig ist. Die so ausgelösten Steuern können die Sanierung wieder zunichte machen, was weder im Sinne des in die Krise geratenen Unternehmens ist, noch der Gläubiger, die mit dem Forderungsverzicht ja gerade den Fortbestand des Unternehmens unterstützen wollen. Was kann getan werden, um den Sanierungserfolg nicht zu gefährden?

 

 

Thomsen & Partner

Unabhängig von der Rechtsform eines Unternehmens — Einzelunternehmen oder Personen- oder Kapitalgesellschaft — kann es im Rahmen einer Sanierung außerhalb oder auch im Insolvenzverfahren (Insolvenzplanverfahren)  zu einem Sanierungsgewinn kommen, wenn Gläubiger auf Forderungen verzichten.

Was ist ein Sanierungsgewinn?

Am Beispiel eines Darlehens lässt sich ein Sanierungsgewinn ganz gut erklären: ein Gläubiger (bei Darlehen meist Kreditinstitute, aber auch private Gläubiger) hat eine Darlehen gegeben und das Unternehmen als Darlehensnehmer kann das Darlehen bei Fälligkeit mangels Liquidität nicht (mehr) zurückzahlen. Verzichtet der Gläubiger zum Zweck der Sanierung auf die Rückzahlung — ganz oder zum Teil — entsteht ein sog. Sanierungsgewinn. Der (teilweise) Forderungsverzicht führt nämlich steuerlich zu einem gewinnerhöhenden und damit steuerauslösenden Zufluss. Hierbei taucht aus Unternehmer- bzw. Mandantensicht häufig die Frage auf, warum ein Forderungsverzicht Steuern auslöst, wenn doch aufgrund des Verzichts „gar kein Geld in die Kasse des Unternehmens geflossen“ ist?

Tatsächlich führt ein Forderungsverzicht nicht dazu, dass dem Unternehmen in der Krise dringend benötigte Liquidität zugeführt wird. Allerdings schont ein Forderungsverzicht die vorhandene Liquidität insoweit, als das Unternehmen aufgrund des Forderungsverzichts  von einer Zahlungsverpflichtung befreit wird, konkret muss für die Darlehensrückzahlung keine Liquidität (mehr) aufgewandt werden. Die — in der Krise ohnehin knappe — Liquidität wird also geschont.

Die Befreiung von einer Zahlungspflicht führt aus Sicht des Steuerrechts — regelmäßig und zutreffend — zu einem gewinnerhöhenden und damit steuerauslösenden Zufluss. Im Zeitpunkt der Darlehensauszahlung (Liquiditätszufluss) gingen Unternehmer und Gläubiger nämlich davon aus, dass das Darlehen zurückgezahlt wird, so dass die zugeführte Liquidität bei Rückzahlung des Darlehens wieder abgeflossen wäre. Lediglich die Zinsen stellen steuerlich relevanten Aufwand dar.

Muss nun das Darlehen aufgrund des Forderungsverzichts endgültig nicht mehr zurückgezahlt werden, findet keine Rückführung der Liquidität (mehr) statt, d.h. der Unternehmer kann die ursprünglich als Darlehen zugeführte Liquidität endgültig „behalten“. Steuerlich wird der Unternehmer dann also so gestellt, als wenn er die durch das Darlehen zugeführte Liquidität von Anfang an hätte behalten können. Der Darlehensbetrag ist folglich Betriebseinnahme, die — „wie sonst auch“ — steuerpflichtig ist.

 

 

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Dem zuvor beschriebenen Darlehensbeispiel folgend, würde sich der Gewinn um den Darlehensbetrag, der nicht mehr zurückgezahlt werden muss, erhöhen und der Gewinn wäre steuerpflichtig. Da in der Krise die Liquidität ohnehin knapp ist, stellt sich regelmäßig die Frage, wie die Steuern bezahlt werden sollen, wenn doch wie oben angesprochen, der Forderungsverzicht gerade dazu dient, die Fortführung des Unternehmens sicherzustellen.

Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel:

Eine GmbH hat einen Verlust aus dem laufenden Geschäft von 200.000 € erwirtschaftet und ist zudem nicht in der Lage, eine fällige Darlehensforderung i.H.v. 350.000 € zu bezahlen. Zum Zwecke der Sanierung erklärt sich der Darlehensgeber = Gläubiger bereit, auf die Rückzahlung des Darlehens zu verzichten.

Damit ergibt sich ein Verlust von 200.000 € aus dem laufenden Geschäft = steuerlicher Gewinn, der an sich zu einer Steuerfestsetzung (Körperschaft- u. Gewerbesteuer) von 0 € führen würde.

Aufgrund des Darlehensverzichtes ist dem Verlust nun aber das Darlehens hinzuzurechnen, so dass sich ein steuerlicher Gewinn von 150.000 € ergibt.  Bei derzeit durchschnittlich 30 % Ertragsteuern (15 % Körperschaftsteuer und rd. 15 % Gewerbesteuer) ist eine Steuer von rd. 45.000 € zzgl. Soli festzustetzen (eine evtl. Verlustberücksichtigung aus vorgerigen Jahren soll für das Bsp. außer Acht bleiben).

Ohne ausreichende Liquidität — an der es bei Krisenunternehmen ja in der Regel fehlt — würde der Darlehensverzicht nur kurzfristig helfen, denn spätestens mit Fälligkeit der Steuern wäre schlechtestenfalls ein Insolvenzantrag unvermeidlich, der durch den Darlehensverzicht „eigentlich“ vermieden werden sollte.

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Die Problematik hat auch die Finanzverwaltung gesehen und die Voraussetzungen für den Erlass der auf einen Sanierungsgewinn anfallenden Steuern in einem  sog. BMF-Schreiben v. 27.03.2003 — Az. VI A6-S 2140-8/03, BStBl. I 2003, 240, geregelt (nicht der Sanierungsgewinn wird erlassen, wie es mitunter formuliert wird, sondern die Steuern, die sich aufgrund eines Sanierungsgewinns ergeben).

Ob die Voraussetzungen für einen Erlass vorliegen, muss immer für den jeweiligen Einzelfall geprüft und geklärt werden. In jedem Fall sollte beim Finanzamt vorab eine verbindliche Auskunft eingeholt werden, ob die Voraussetzungen für einen Erlass vorliegen.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Entscheidung v. 12.12.2013 (Az. X R 39/10) die Wirksamkeit des Sanierungserlasses zwar nicht ausdrücklich bejaht, aber ausgeführt, dass „Billigkeitsmaßnahmen in begründeten Fällen nicht zu beanstanden sind und der Grundsatz der Verwaltung dadurch nicht tangiert wird“ (im Anschluss an BFH v. 14.7.2010 – X R 34/08, BStBl. II 2010, 916).

Dagegen hat der BFH in einer Entscheidung v. 28.02.2012 (Az. VIII R 2/08, DStR 2012, 943 = ZIP 2012, 989) die Wirksamkeit des Sanierungserlasses offengelassen und nicht ausdrücklich dazu Stellung genommen, dass die Vorinstanz FG München (Az. 1 K 4487/06) die Zulässigkeit verneint hatte, wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Verwaltung (im Sinne des FG München auch FG Sachsen v. 4.4.3012 – 6 K 211/09, GmbHR 2013, rkr.).

Es bestehen demnach unterschiedliche oder jedenfalls nicht zweifelsfreie und einheitliche Beurteilungen zur Wirksamkeit des Sanierungserlasses durch den VIII. und X. Senat des BFH. Hinzu kommen Stimmen in der Literatur, die Bedenken gegen die Zulässigkeit aufgrund EU-Recht haben, denn ein Steuererlass könne eine unzulässige Beihilfe darstellen.

Wir haben vor kurzem beim FA Hildesheim in einem Sanierungsfall für einen Mandanten einen Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt, der positiv durch Bescheid beschieden wurde. Das FA hat bestätigt, dass die Voraussetzungen für den Erlass der auf den Sanierungsgewinn anfallenden Steuern — nach jetzigem Stand knapp 100.000 € — vorliegen, so dass einer erfolgreichen Sanierung nichts mehr im Wege steht.

Schließlich sei zum Thema Sanierungserlass auch noch auf den GmbHR-Kommentar von RA Raik Brete zum BGH-Urteil v. 13.03.2014, Az. IX ZR 23/10 hingewiesen: „Haftung des Steuerberaters: Pflichtwidrige Unterlassung eines Hinweises auf den Anspruch auf steuerliche Sonderbehandlung nach dem sog. Sanierungserlass”, GmbHR 2014, S. 531.

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